Postsäkular erzählen
Postsäkular erzählen ist der Titel meiner Dissertationsschrift, die ich zwischen 2013 und 2016 an der Westfälischen Wilhelms-Universität in Münster verfasst und im April 2017 verteidigt habe. Es geht in der Arbeit darum, wie Religion in der Literatur der Gegenwart inszeniert wird.
Die Arbeit ist unter einer offenen CC-BY-Lizenz verfügbar.
Das PDF kann auf den Seiten der Universitäts- und Landesbibliothek Münster heruntergeladen werden.
Das Buch geht von einem widersprüchlichen Befund über den ‚Zustand‘ von Religion in der Gegenwart aus. Einerseits gibt es die Behauptung einer ‚Rückkehr der Religion‘ in die Gesellschaft und die Kultur. Die These der Säkularisierung – als Verschwinden von Religion in der Moderne – ist dieser Idee zufolge in ihrer ursprünglichen Form nicht mehr zutreffend. Auf der anderen Seite scheint aber ‚Rückkehr‘ ein sehr eindimensionales Konzept zu sein. Schon der Blick auf die weiterhin schrumpfenden Mitgliedszahlen der Großkirchen deuten darauf hin, dass die Religion, wenn sie denn wirklich zurückkehrt, zumindest deutlich transformiert wird.
Postsäkularität als Programm
Der Begriff ‚postsäkular‘, der vor allem aus den Soziologien stammt, versucht diese Gegenläufigkeit von unbezweifelbarer Rückkehr der Religion auf der einen und ihrem unbezweifelbarem Schwund auf der anderen Seite theoretisch zu integrieren. Inhaltlich und im Bereich der Erfahrung bleibt diese Idee aber hochgradig erklärungsbedürftig. Entsprechend fasse ich das Attribut ‚postsäkular‘ in meiner Arbeit weniger als reine Beschreibung, sondern vielmehr als Problemstellung auf. ‚Postsäkularität‘ beschreibt zwar eine gesellschaftliche Entwicklung. Als solche muss sie allerdings von kulturellen Verhandlungen getragen werden. Anders gesagt, bedarf sie kultureller Arbeit und drückt in meiner Lesart ein Programm aus. Die Fragen dieses Programms lauten dann: Wie kann man Religiosität und Säkularität in der Gegenwart zusammen denken? Wie kann man den vom Soziologen Andreas Hetzel geforderten Bruch mit solchen Gegenüberstellungen in Erfahrung übersetzen? Wie soll Offenheit für Religiöses im immanenten Rahmen hergestellt werden, wie der Soziologe Jose Casanova es ausdrückt?
Religion in der Literatur der Gegenwart
An dieser Stelle setzt mein Buch an. Der zweite Teil des Titels, das Erzählen, verweist auf den Bereich, in dem ich mögliche Antworten auf die eben gestellten Fragen vermutet habe: In bestimmten erzählerischen Verfahren der Literatur nämlich. Wie werden Säkularisierung und Religion in der Literatur zusammengedacht? Anknüpfend an eine Idee des Soziologen Hubert Knoblauch vermute ich in meiner Arbeit konkret, dass insbesondere Erzählverfahren des Unzuverlässigen und Instabilen im Stande sind, die Probleme des Postsäkularen zu adressieren. Dazu werden Romane von Daniel Kehlmann, Thomas Glavinic, Sten Nadolny, Thomas Lehr und Sibylle Lewitscharoff unter die Lupe genommen.
Die Arbeit kann auf den Seiten der Universitäts- und Landesbibliothek Münster als PDF kostenfrei heruntergeladen werden.